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BGH zu Preisänderungsklauseln in Fernwärmeversorgungsverträgen

Der Bundesgerichtshof hat am 06.04.2011 zwei Urteile zu Preisänderungsklauseln im Bereich Fernwärme gefällt. In der Presse wird dabei meistens nur hervorgehoben, dass eine Bezugnahme auf Heizöl extra leicht (HEL) jedenfalls dann unzulässig sei, wenn die (Fern-)Wärme mittels Erdgas erzeugt wird. Diese Darstellung ist verkürzt und unvollständig, somit fehlerhaft. Die wesentlichen Kernsätze der Urteilsbegründungen in beiden Sachen (Stadtwerke Lübeck - VIII ZR 66/09 - und Stadtwerke Zerbst - VIII ZR 273/09 - ) sollen deshalb kurz vorgestellt werden.

 

Die vollständigen Entscheidungen selbst können in der Urteilsdatenbank des Bundesgerichtshofs (www. Bundesgerichtshof.de) unter dem jeweiligen Aktenzeichen eingesehen werden.

 

  • Bemerkenswert ist zunächst, dass der BGH der Auffassung des OLG Naumburg (1 U 23/09) in Sachen Stadtwerke Zerbst nicht gefolgt ist und eine Prüfung der Preisänderungsklauseln im Bereich der Fernwärme nach den Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) abgelehnt hat. Maßgeblich ist allein die Regelung des § 24 Absatz 3 (heute inhaltsgleich Absatz 4) AVBFernwärmeV.
  • Damit sind alle Einwendungen von Abnehmern, die sich auf die Rechtsprechung des BGH zu Preisänderungsklauseln in Sonderkunden-Verträgen über Erdgas und /oder auf § 315 BGB gegen Preisanpassungen im Bereich der Fernwärme berufen haben, hinfällig.
  • Das Urteil des Bundesgerichtshofs in Sachen Stadtwerke Lübeck (VIII ZR 66/09) ist für die Praxis der Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln von geringer Relevanz, da es dort um eine sehr spezielle Ausgestaltung eines allein unternehmenseigenen Faktors (Gasbezugspreis der Stadtwerke Lübeck) ging, der nicht aus allgemein zugänglichen Quellen zu ermitteln war.
  • Entscheidend für die aktuelle und künftige Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln im Bereich der Fernwärme sind die Ausführungen des BGH in dem Urteil, das die Stadtwerke Zerbst betrifft (VIII ZR 273/09).
    Der BGH stellt entsprechend dem Wortlaut des § 24 Absatz 3 (bzw. Absatz 4) AVBFernwärmeV darauf ab, dass Preisänderungsklauseln im Bereich Fernwärme sowohl die Kostenentwicklung/ Kostenanbindung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt als maßgebliche Faktoren wiedergeben müssen.
    Das ist im Prinzip nichts Neues. Sinn dieser Bezugnahme auf Kostenentwicklung und Wärmemarkt in Preisänderungsklauseln ist, dass einerseits durch die Bezugnahme auf den Wärmemarkt der Verbraucher vor schlecht wirtschaftenden Fernwärmelieferanten geschützt wird, andererseits aber auch die Kostenentwicklung bei den konkreten Wärmelieferanten nicht unbeachtet bleibt. Preisänderungsklauseln dürfen nicht dazu führen, dass während der Laufzeit des Vertrages sich durch die Anwendung der Klausel das Äquivalenzprinzip des Ursprungsvertrages zum Nachteil oder Vorteil einer Partei verändert.
  • Im konkreten Fall hatte sich der BGH damit auseinanderzusetzen, dass die Stadtwerke Zerbst Fernwärme allein mit Erdgas erzeugen, die Preisänderungsklausel für den Arbeitspreis aber allein auf HEL und die insoweit durch das Statistische Bundesamt veröffentlichten Indizes Bezug nahm. Der BGH hat diese ausschließliche Bezugnahme auf HEL als Bezugnahme allein auf den Wärmemarkt gewertet und deshalb wegen des fehlenden Bezugs auf das Kostenelement die Preisänderungsklausel für unzulässig erachtet.
  • Allerdings - und dies ist für die Praxis von ganz erheblicher Bedeutung - verkennt der BGH nicht, dass die Bezugnahme auf HEL auch in tatsächlicher Hinsicht Kostenelement sein kann, wenn nämlich der Bezug von Erdgas seinerseits an die Preis-(Kosten-)entwicklung für HEL gekoppelt ist.
    Dazu hatten die Stadtwerke Zerbst in den vorhergehenden Tatsacheninstanzen (Landgericht Dessau, OLG Naumburg) nichts vorgetragen. Vor dem BGH als Revisionsgericht konnte dazu nichts mehr "nachgeschoben" werden.

 

Für die Ausgesstaltung von Fernwärme-Preisänderungsklauseln ist deshalb die alleinige Bezugnahme auf HEL durchaus möglich, wenn nämlich der Bezug oder die Erzeugung von Wärme ebenfalls von der Entwicklung des HEL-Preises abhängt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch darauf, dass der BGH hier keine "Kostenechtheit" also keine genaue Abbildung der Kostenentwicklung fordert, sondern lediglich eine Kostenorientierung anmahnt.

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